48 x 180 Grad und gute Beine

48 mal 180°. Und noch einige mehr. Heute will ich endlich einmal mit dem Velo auf den Umbrailpass und weiter auf den Stelvio (Stilfserjoch). Ich glaube, so weit oben (2756 m) war ich mit dem Velo noch nie. Ali war vor einigen Tagen auch da oben und ich will sehen, ob das wirklich so ein Zirkus ist. 


Ob es eine gute Idee ist, dieses Projekt am Sonntag und bei prächtigem Wetter in Angriff zu nehmen wird sich weisen. Beide Pässe, vor allem der Stelvio, sind bekannt für Riesenschwärme an Töffs die darüberbrausen. 


Zuerst einmal fahre ich mit dem Auto von Fideris bis nach Sta. Maria. Stelle fest, dass der Flüela heute für „Ride the Alps“, einem neuen Event von Coop für den Langsamverkehr, eine zeitlang gesperrt sein wird und meine: das wäre auch noch was gewesen.


Sta. Maria in der Morgensonne



Die Strassen sind leer am Morgen, die Töfffahrer hocken noch irgendwo und mampfen wohl Gipfeli. Kurz nach 09.00 Uhr bin ich in Sta. Maria. Perfekte Verhältnisse herrschen. Schönes Wetter, 10 Grad, leichter Wind. Der Aufstieg zum Umbrail liegt auf der Schattenseite. Das Tourenvelo ist schnell abgeladen und bereit. Aufsitzen und los geht‘s. In Sta Maria biege ich Richtung Pass ab und ab da geht es aufwärts. Die ersten 180°-Kehren folgen schnell. Die haben aber nichts mit den 48 im Titel zu tun. Stetig trampe ich die Strasse hoch. Der Verkehr hält sich in Grenzen. Die ersten Töffs kommen, fahren ganz vernünftig und mit genügend Abstand an mir vorbei und sind auch nicht so laut. Minutenlang bin ich dann wieder alleine unterwegs. Autos hat es nicht viele. Alles in allem habe ich mir das wirklich schlimmer vorgestellt gehabt. 


die Kehren des Umbrails im Aufstieg



die Fahrt ins Nirwana – oder auf den Pass 



Nach der ersten Steilstufe weitet sich das Passtal etwas und ich kann die Landschaft geniessen. Die Sonne scheint streckenweise auf die Strasse und ich nehme die Wärme dankbar entgegen. Es ist doch eher frisch. Vor allem weil ich in Strömen schwitze. So stimmt die Balance. An der Sonne etwas aufwärmen, dann wieder abkühlen, und so weiter. Bei einer kurzen Pause fülle ich Energie in Stängelform nach und fahre weiter bis auf den Pass auf 2503 Meter. Los ist da nichts, Beiz zu, Zollhaus zu und das kann man sogar kaufen. 


Pass Nummer 1


Links oben glänzen die Gebäude des Stelvio in der Sonne. Da will ich rauf. Nochmals 257 Höhenmeter warten auf mich. Nach der Abzweigung, wo ich in die Strasse einmünde die von Bormio heraufkommt, ist massiv mehr los. Töffs über Töffs, einmal so laut, ich kriege fast ein Hörtrauma. Velofahrer hat es auch. Alle auf Rennboliden und von der Figur dünn wie Spargeln. Da bin ich mit meinem Tourenvelo der Traktor. 



etwas später folgt die Nummer 2



Bald komme ich oben im Alpenzirkus an. Da ist die Hölle los. Jede Menge Töffs, viele Autos aber auch Velos. Und Menschenmassen. Unglaublich. Irgendwie auch sehenswert. Lange bleibe ich ja nicht. Es ist frisch, die Sonne scheint am Anfang, geht dann aber hinter die Wolken. Kleider anziehen ist die Lösung. Auf dem Pass esse ich eine grosse Portion Pasta. Die für zwei Personen reichen würde. Weiter oben in der Tibethütte kommt ein Kaffee dazu. 


Souvenir, Souvenir … 


Im Sommerskigebiet wird fleissig für die nächste Skisaison trainiert. Autos der französischen, italienischen und österreichischen Skinationalmannschaften stehen da. Sogar Skifahrerinnen sehe ich. Irgendwie krass: ich stehe mit dem Velo da und Skifahrerinnen tragen ihre Ausrüstung an mir vorbei. Der Winter naht wirklich. 



Von der Aussicht her ist das sehenswert. Der Ortler sitzt mächtig da und der Tiefblick gibt einen Eindruck der 48 x 180°. Soviele Kehren sind es, die ins Tal führen. Jede mit einer 180° Drehung und jede ist schön nummeriert. Die Talfahrt verläuft super und unten in Prad habe ich einen Klimaschock. Ich reisse mir schon fast die Kleider vom Leib. Der volle Pastabauch verhindert leider den Besuch im Eiscafé. So pedale ich Richtung Glurns und Schweizer Grenze. Bis Sta. Maria warten wieder etwa 400 Höhenmeter. 


die berühmten Kehren des Stelvio
Aussicht auf den Ortler in Liegestellung 
noch einmal der Ortler, von weiter unten 

Dieses Stück habe ich in der Planung etwas unterschätzt. Statt der Hauptstrasse wähle ich den Veloweg. Der zwar wunderbar hintenrum durch den Wald dem Bach entlang nach oben führt. Dafür aber viel Kraft fordert da er geschottert ist. Da bin ich glatt halbsoschnell wie geplant. Ich mache eine Pause, liege auf eine Wiese und höre den zwitschernden Vögeln und dem rauschenden Bach zu. Nachher folgt das letzte Stück bis Sta. Maria. Wo ich müde und zufrieden ankomme, alles verlade und wieder nach Fideris zurückfahre. Knapp 1900 Höhenmeter und gut 66 km sind es geworden. 


zurück in die Schweiz über die grüne Grenze


Eine absolut lohnende Runde findet ihr Ende. Der Plan für eine nächste Passtour ist bereits da. Von Davos über den Flüela, weiter zum Ofenpass und dann alles hinten runter bis Mals. Natürlich über den schönen Veloweg. Im Oktober? Wenn die Lärchen farbig in die Landschaft strahlen? Bei Sonnenschein und blauem Himmel? Vielleicht mit frisch verschneiten Bergspitzen für nette Bilder? Mal schauen. Ich plane dann mal … Zumindest den Teil, den ich beeinflussen kann. 88 km und etwa 2150 Höhenmeter wären das. Das braucht stramme Waden :-). 



Die Bilder.


Die Runde.


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