Suldenspitze (3376 m) und dann sahen wir schwarz

03.40 Uhr. Der Wecker piepst. Irgendwie ist das doch ziemlich früh um aufzustehen. Die Verhältnisse fordern das aber im Moment. Es ist auch hoch oben sehr warm. Dazu kommt die Gewitterneigung, die ab Mittag markant zunimmt. Deshalb müssen wir früh raus, damit wir früh wieder unten sind. Heute war es so früh, dass wir das Morgenessen schon am Vorabend mit auf das Zimmer nehmen mussten. Um halb vier steht in der Hütte niemand auf. Und da wir drei die Einzigen frühen Vögel waren, war das in Ordnung so. 


Um halb fünf gingen wir los. Die ursprünglich geplante Route Richtung Rifugion Casati und dann dem Monte Cevedale konnten wir nicht machen. Die Route ist im Moment stark steinschlaggefährdet und es hat unterhalb der Scharte, wo wir durchgemusst hätten, eine grosse Spalte im Gletscher. Die Alternative war super. Nämlich direkt auf die Suldenspitze und dann ca. 100 Höhenmeter Abstieg ins Rifugio Casati. Das war 1a. Der Weg verläuft zu 99 % auf dem Gletscher. Ohne Schwierigkeiten, ausser ein paar Spalten die wir überhüpften. Im Expresstempo standen wir auf der Suldenspitze und waren bald im Rifugio unten. Dort machten wir eine kurze Pause und eben: eigentlich wäre es von dort nochmals etwa 2 Stunden auf dem Gletscher auf den Monte Cevedale gegangen. Eben: wäre. Denn wir sahen schwarz. 


Links von uns blauer Himmel, ein paar Wolken, schönes Sommerwetter. Rechts von uns, schwarze Wolken, die bedrohlich am Himmel standen und immer schwärzer wurden. Dazu ein Wind direkt aus Süden, der Richtung der üblen Wolken. Die Gipfel auf dieser Seite waren alle verhüllt. Und der Monte Cevedale? Der steht genau in der Mitte des Elends. Wir entschieden, dass uns das zu gefährlich ist und wir umdrehen. Zwei Tage vorher wurde ein Berggänger vom Blitz erschlagen. Am hellichten Tage. Und in den Dolomiten am gleichen Tag noch ein zweiter Berggänger. Die kleinen Gewitterzellen entstehen blitzschnell. Und sind dann sehr, sehr heftig. Hätten wir für rund 3 1/2 Stunden sicheres Wetter gehabt? Zum Zeitpunkt des Entscheides war die Antwort nein. Zwei Stunden später, zurück in der Schaubachhütte, sahen wir auf dem Regenradar, wie sich genau an dieser Stelle ein Gewitter entladen hat. Der Entscheid war richtig. 


Der Rückweg verlief auf derselben Route. Vom Rifugio Casati stiegen wir wiederum möglichst schnell auf. Denn Edi, unser Bergführer, war nicht sicher, ob wir oben überhaupt noch Sicht haben und ob sich das Gewitter nicht schon bald entladen würde. Wir hatten Glück, kein Gewitter, keine sirrenden Pickel und die Sicht war auch passabel. Ich fand die Spur für den Abstieg jedenfalls problemlos. 


Da der Wetterbericht für Samstag schon für die Nacht und den Morgen, und dann wieder am Nachmittag, starke Gewitter angesagt hat, entschieden wir uns für die Heimkehr. Den Ortler konnten wir gestern bei prächtigen Verhältnissen geniessen, die Suldenspitze heute war ebenfalls eine schöne Tour und eines ist einfach ein Fakt: Die Sicherheit geht vor. 

Die Bildersammlung.  

Vorne links die Suldenspitze – ein wenig nebulös

Blick vom Rifugio Casati auf die schwarze Wand im Süden

Reste von Stellungen der Österreicher auf der Suldenspitze (1. Weltkrieg)

Beim Abstieg war es vorne schönes Wetter – und hinter uns, ein Tal weiter, entlud sich ein Gewitter. Rechts übrigens der Ortler von der Rückseite her gesehen.






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