Der Volltreffer: von Suhlendorf nach Bollersen bei Bergen

Suhlendorf ab heisst es heute Morgen. Etwas schneller als geplant. In unserem Zimmer zog der Zigarettenrauch vom Fumoir im Erdgeschoss durch die nicht so gut schliessende Tür. Da lassen wir die Lesesession lieber ausfallen und fahren weiter. Die Unterkunft hier war ok, mehr aber auch nicht. 


Kurz nach Suhlendorf machen wir etwas unübliches für uns: wir besuchen eine Sehenswürdigkeit, die auf einer Tafel ausgeschildert ist. Das Grosssteingrab von Kahlstorf. Da liegen tatsächlich unter einigen Eichen grosse Steine. Die sind dort schon über 5’000 Jahre, also seit der Jungsteinzeit. Dannzumal war das eine Grabstätte. Obwohl wir keinen Steinzeitmenschen mehr finden fragen wir uns, was wohl in 5’000 Jahren von uns gefunden wird? Ein iPhone-Ladekabel? Oder buddeln die Erdbewohner der zukünftigen Zeit einen Serverraum aus? Tja, wir werden das nie wissen. 

Die weitere Route führt uns wieder durch ausgedehntes Landwirtschaftsland. Wobei es heute bergig wird. Da hat es doch den einen oder anderen Hügel im Weg. Die höchsten Erhebungen erreichen um die 130 Meter über Meer. Nach gut 20 km erreichen wir Uelzen. Eine grössere Ortschaft, in der es Geschäfte hat. In Uelzen werden wir am Sonntagabend wieder ankommen, übernachten und am Montag einen Ruhetag verbringen. Der Ort ist bekannt für seinen Hundertwasser-Bahnhof. Den werden wir sicher anschauen gehen. 

Nach Uelzen kommen wir langsam aber sicher in die so genannte Südheide. Also den südlichen Ausläufer der Lüneburger Heide. Wir fahren extra eine Strecke durch eine längere Waldpartie. Dieser Abschnitt sei sehr schön in Bezug auf die Heide. Als wir dort sind denken wir uns: sind wir hier falsch? Da hat es ja im Gartencenter bei uns in Winterthur mehr Heidekraut als hier. Scheue Zweifel kommen auf. Ist die Heide wirklich vorhanden? Oder wurden auch die letzten Stücke durch Mais- und Weizenfelder ersetzt? Wir besprechen bereits erste Alternativszenarien um sicher Heide zu finden. Und verpassen um ein Haar einen Wegweiser zur Misselhorner Heide. Dieser Abschnitt der Heide gehört offenbar zu den schönsten Heideflächen in der Südheide. Tatsächlich: hier kommt das Heide-Feeling auf. Die flächendeckende Besenheide ist wunderbar anzuschauen. Wir gehen zwar nicht ganz so weit wie manche der Touristen hier: die packen den Campingstuhl aus, sitzen rein und schauen in die Heide. Das muss irgendwie meditativen Charakter haben. 

so soll es sein – farbig von vorne bis hinten

Heide Watching – schön ruhig – und der Vorteil zum Whale Watching: die Heide taucht nicht ab und man wird nicht seekrank

Wir hingegen streifen mit dem Velo durch die Gegend und geniessen den schönen Anblick der blühenden Heide. Da entdecke ich plötzlich ein paar Mähviecher. Eine Schafherde, die hier die Heideflächen pflegt, kommt uns entgegen. Wie im Prospekt. Heidschnucken, so heisst das hier vorherrschende Schafmodell und ein Schäfer mit Hund. Das alles in der farbenprächtigen Landschaft bei leichtem Sonnenschein. Da meinst du glatt, das sei vom Touristenverein organisiert. Aktion ist angesagt: Fotos machen, geniessen und staunen. Endlich Heide, und zwar mit dem vollem Programm. 


Heiderasenmäher, Modell Mäh

die Schafe mampfen sich schnell voran

und hinterlassen eine Staubwolke 
Nach diesem Abstecher geht es noch einige Kilometer weiter bis zu einer „Grossstadt“ namens Bollersen. Das ist ein kleiner Weiler kurz vor Bergen. Dem Bergen mit dem ehemaligen KZ in Bergen-Belsen. In Bollersen wohnen wir im Hof Ehlers. Eine ehemalige Bauernfamilie betreibt ihren Hof nun als Pension. Da werden wir zwei Tage lang wohnen. Uns ist es bereits wohl hier und wir freuen uns auf den morgigen Ruhetag. Den wir mit nicht allzuviel Programm füllen werden. 

In diesem typischen Haus für die Gegend wohnen wir

Heute Abend unterhielten wir uns mit dem Betreiberehepaar über die leeren Landschaften, die wir seit Lüneburg befahren haben. Seit heute ist es spürbar belebter. Plötzlich hat es Kinder und junge Leute auf den Strassen. Und ganz generell mehr Leute. Sie bestätigen unseren Eindruck. Die Gegend hinter Lüneburg der Elbe entlang war zu den Zeiten der DDR die so genannte Zonengrenze. Eine strukturschwache Gegend ohne Wirtschaft. Genährt vom Staat mit Beiträgen. Das sei heute anders. Geld vom Staat gibt es nicht mehr. Der Rest ist aber gleich. Deshalb ist die Gegend so leer und schwach besiedelt. Es gibt nach wie vor fast keine Wirtschaft dort und demzufolge wandern die Leute ab. Hier, im grösseren Umkreis von Wolfsburg und Hannover, und unmittelbar neben Celle, ist tatsächlich wieder Leben feststellbar. 

Man beachte links: das analoge GPS namens Steinwegweiser

Heute gab es gut 90 km, etwas über 330 Höhenmeter (es war mal nicht immer flach) und wettermässig einen Mix zwischen Sonne und Wolken. Am Morgen bei kühlen Temperaturen die bis zum Abend gegen 25 Grad gestiegen sind. Es wird wärmer. Sagt der Wetterbericht. Das ist gut so. Es ist schliesslich Sommer und nicht Herbst. 

Die Fotokollektion der ganzen Tour liegt hier

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