Starker Start – fulminantes Ende

Wenn ich vergleiche, wie schwierig es mit mir und den Nordlichtern vor ein paar Jahren angefangen hat, sieht die Welt jetzt ganz anders, nämlich viel besser, aus. Heute Abend bin ich mit Gabi am Telefon als ich aus dem Fenster des Wohnzimmers schaue. Es hat Nordlichter. Mit 20.00 Uhr wieder sehr früh. Und wieder ganz andere als gestern. Schmal und hoch. Zum Teil drei Streifen parallel. Ich muss raus! Es ist immer ungewiss, wie lange die Lichter anhalten und ob es in der Nacht noch weitere Aktivität gibt.


Diese Woche ist einfach genial. Es treffen so ziemlich alle Faktoren ins Schwarze. Mit der Kälte, im Moment sind es -12 Grad, ist die Chance für klare Luft sehr hoch. Es hat keine Wolken. Seit gestern ist es praktisch windstill. Was fehlt noch? Genau, eine wichtige Zutat: Ein Sonnensturm der kürzlich stattfand. Denn der sorgt für Nordlichter. Diese wichtigste Zutat darf nicht fehlen. Sonst bleibt der Himmel dunkel. Im Moment ist die Nordlichtvorhersage praktisch gleich genial wie der Wetterbericht. Bleibt das Restrisiko das uns die Natur immer bietet. Was kann alles dazwischenkommen? Weiter unten mehr dazu. 



Die ersten Bilder des Abends schiesse ich an „meinem“ Standort direkt am Ufer des Fjords. Die Exposition ist nicht Norden, sondern gen Nordwesten. Da sind die Lichter schöner und stärker als im Norden. Das ist nicht das erste Mal, dass ich das so erlebe.



Um 20.15 Uhr – das Muster für heute Abend?



Als die Aktivität erlischt, gehe ich wieder in die Wohnung. Der Kaffee ist noch warm :-). Dann packe ich alles zusammen und mache mich auf die Pirsch. Immer derselbe Standort ist mit der Zeit langweilig. Die Bilder werden austauschbar. Dabei wäre ich vor einigen Jahren froh gewesen, ich hätte bloss ein Bild in der Qualität geschossen die heute schon fast standardmässig klappt. 



Ab in die Berge geht es. Ich sitze frontal vor dem „Storebakken“. Das ist der Berg, auf den ich am Dienstag will. Exposition Nord. Es ist der Berg, hinter dem gestern die Nordlichter hervorstachen. Um 22.00 Uhr sitze ich im Auto und starte diesen Blogpost. Draussen herrscht tote Hose. Das Auto steht neben einem Rentiergehege. Das benutzen die Samen, um ihre Tiere zu sammeln und sie für den Zug auf die nächsten Weidegründe bereitzumachen. Die Tiere streifen in dieser endlos weiten Gegend umher und suchen ihr Futter. 



Als Individualtourist habe ich den Luxus, meinen eigenen Rhythmus zu pflegen und mit dem Mietauto meine bevorzugten, und einsamen, Standorte festzulegen. Als Gruppentourist müsste ich im Rudel im Wald in einer Hütte sitzen und auf die Lichter warten. Da ich mich definitiv nicht als Herdentier eigne, ist mir das hier alleweil lieber. Warm, gute Musik, heisser Tee und Schoggi. Luxustourist sagt man dem. Und wenn es leuchtet, hechtet er raus in den Kühlschrank :-). Seit heute mit getapten Hosen. So zieht es hinten nicht mehr durch das Loch rein wenn ich keine langen Unterhosen trage. 



Eine halbe Stunde später verlasse ich den Ort im Hochtal und fahre ins Tal an den Fjord. Gibt es nochmals Aktivität? Lohnt es sich, abzuwarten oder gehe ich gescheiter ins Bett? Der Gedanke ans warme und weiche Bett ist angenehm. Ich gebe mir und den Lichtern noch etwas Zeit. Etwa 7 km von meiner Unterkunft entfernt habe ich heute Morgen einen Fotostandort direkt am Fjord gefunden. Der passte am Tag bestens. Ist er auch für die Nacht ok? 



Bevor ich das herausfinde, erlebe ich eine Überraschung. Irgendwie ist es über dem Fjord, direkt auf der Wasseroberfläche, so komisch grau. Ich schaue genauer hin. Tatsächlich, bei -12 Grad baut sich eine veritable Nebelbank auf. Sie schleicht sich langsam über das Wasser an. Mangels Nordlicht mache ich Bilder im Mondschein von diesem Wetterphänomen. 

Herrliche Stimmung mit Fast-Vollmond und Nebelbänken 



Als ich wieder einpacken will, schaue ich nach oben. Und traue meinen Augen nicht. Was jetzt, während den nächsten 60 Minuten abgeht, habe ich so noch nie erlebt. Der Himmel brennt. Grün und rot. Nordlichter rund um mich herum. Ich stehe und staune. Das reinste Feuerwerk. Ich bin hin und weg. Dann mache ich Fotos. 



Gen Nordosten 

Der Himmel steht buchstäblich in Flammen – links der rote Rand des Nordlichts

Und im Nordwesten brennt es auch 

Und dann wird es erst recht hell



Gegen Mitternacht werden die Lichter weniger und ich packe ein. Es ist empfindlich kalt. Von dieser Nacht werde ich vermutlich noch länger träumen. Dabei war die Vorhersage heute auf Stufe 3, was „moderat“ heisst. Morgen und übermorgen ist Stufe 4 vorhergesagt. Ich bin gespannt. Das heute war so genial. Ich glaube, das kann man fast nicht toppen. 




Die Bildersammlung der Lichterwoche liegt hier


*Wegen des eingeschränkten Internetzugangs aktualisiere ich die Bilder 1 x pro Tag (am Morgen). 


Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.