Das Silvrettagebiet liegt quasi vor unserer Haustüre. Von Fideris aus ist es ein Katzensprung. Deshalb gönnen wir uns eine mehrtägige Tour.
Tag 1: Montag – der heisse Einstieg
Gut geheizt ist das Stichwort des Tages. Per öV nach Monbiel, und dann geht es hoch. Hinauf zur Fergenhütte. Die dem SAC Prättigau gehört und als Selbstversorgerhütte betrieben wird.
Steil führt der Weg hinauf. Wir sind am frühen Nachmittag unterwegs. Nicht ideal bei der herrschenden Affenhitze. Zum Glück haben wir auf der Hälfte des Weges Schatten. Dazu weht ein leichter Wind. So kochen wir nicht ein, sondern werden langsam gar.
Bei der Hütte angekommen, dampfen wir. Und wie. Wasser ist gefragt. In grossen Mengen. Dann richten wir uns ein. Das Glück ist uns hold. Wir haben die Hütte für uns.
Nach dem Znacht gibt es zum Dessert Sonnenuntergang. Es ist ein Traum.
Tag 2: Dienstag – über die Bammelfurgga
Die Sonne kommt, es heizt sofort auf. Nach der ruhigen Nacht kommen am Morgen vier Personen bei der Fergenhütte Hütte vorbei. Ein Jäger, der sich auf die Jagd vorbereitet, die am 02.09.2023 losgeht. Nebenbei sucht er noch seine Schafe. Ein Deutscher Kampfwanderer dampft vorbei. Und zwei junge Wegmacher steigen auf. Sie arbeiten bei der Gemeinde Klosters und machen den Weg fit. Da ist allerhand los am Morgen.
Wir brechen auf. Gleich geht es zur Sache. Der steile, wenig begangene Weg, führt uns hoch zur Fergenfurgga. Oben ist die Aussicht ein Traum. Wir sehen hinab in den obersten Teil des Schlappintals. Und hinüber zum steilen Aufstieg auf die Schijenfurgga.
Vorher steigen wir aber ab. Der Weg windet sich in vielen Kehren und über unzählige Felsblöcke hinab auf die Ebene namens „Chess“. Wir jonglieren fleissig und stellen fest: das ist mega anstrengend. Drum gibt es Zmittag unten an der Quelle eines Bachs. Füsse im kalten Wasser kühlen, Zmittag essen und ja, es ist auch hier oben warm.
Zum Dessert folgt der Aufstieg auf besagte Schijenfurgga. Fast oben angekommen, folgt dann nicht das, was man erwarten würde. Keine Überschreitung, sondern ein Zwischental. Das wir über einen sacksteilen Weg auf dem höchsten Punkt verlassen.
Beim Wegweiser, der am Himmel kratzt, kommt der Moment, wo ich Bammel vor dem Abstieg bekomme. Wieder steil wie verrückt ist es, geröllig und rutschig. Zum Glück hat es Drahtseile. Aber mir gefällt das gar nicht. Es gibt Gelände, da fühle ich mich unwohl. Gabi geht voran und auch bei mir geht es. Vorsichtig arbeiten wir uns runter ins Seetal. Wo wir die Hütte über einen nicht gerade direkten Weg erreichen.
Jetzt sind wir in der Seetalhütte. Klein, für Selbstversorger, vom SAC Prättigau und heute sind wir sechs Personen. Friedlich geht es zu und her. Früh liegt die Hütte im Schatten. Der Chessler steht im Weg.
Tag 3: Mittwoch – der schlaue Entscheid
Nett war es mit den vier anderen Leuten in der kleinen Hütte. Für uns geht es, die Gegend hier hat das irgendwie an sich, gleich wieder steil los. Wir wenden uns der Scharte zu. Einem weiteren Übergang. Auch nicht ohne, aber im Vergleich zur Schijenflue gut zu meistern. Wir wechseln damit vom Seetal in den Kessel der Silvretta. Geschmückt mit kleinen Seelein, und voll mit Felsbrocken liegt er da.
Oben auf der Scharte gibt es eine Programmänderung. Wir lassen den Chlosterpass links liegen. Das wäre ein weiterer Übergang gewesen. Eigentlich sollte es dahin auf Wegspuren und unmarkiert weitergehen. Eine steile Wand hinauf. Die voller Geröll und Schutt ist. Es gibt Karten, da hat es keine Wegspuren drauf. Andere wiederum zeigen diese an. Tja. Wir spiegeln fleissig und finden nichts. Ausser endlos viel Schutt in der vertikalen Kiesgrube.
Das brauchen wir nicht. Dazu kommt, dass es hinter dem Pass, gemäss Karte, in ähnlichem Stil wieder runtergeht. Bis man einen Weg trifft. Nach diesem Entscheid, der uns etwa drei Stunden Zeit einspart, haben wir massig viel davon und geniessen eine grosse Pause an einem der kleinen Seen.
Kaulquappen hat es in diesem See zu Tausenden. Sie wirbeln herum. An einigen Stellen sind sie so dicht, dass das Wasser quasi kocht. Man kann sie von Hand aus dem Wasser schöpfen.
Später wenden wir uns talabwärts. Bis wir beim Galtürtälli wieder hoch müssen. Die Silvrettahütte erreichen wir über den Galtürtällipass. In der Hütte leisten uns 27 Oberstufenschülerinnen und Schüler aus Grüsch mit ihren zwei Lehrerinnen Gesellschaft. Das ist sehr lebhaft, nach den einsamen Tagen. Heute sahen wir den ganzen Tag über genau null Personen.
Tag 4: Donnerstag – an der Gewitterzelle schnuppern
Die rote Furka zieht uns an. Da wir am 3. Tag, die Routenänderung lässt grüssen, nicht dort vorbeikamen, besuchen wir sie heute. Vorbei an den mächtigen Moränen des rasant schwindenden Silvrettagletschers, steigen wir auf. Oben grüssen wir hinüber nach Ōsterreich. Schneehühner begrüssen uns und weiter oben linsen Steinbock und Steingeiss zu uns hinunter. Wir linsen hinüber zum Chlosterpass und sehen uns bestätigt. Die Schutthalde ist auch von dieser Seite her steil und weglos. Unser Entscheid, diesen Pass auszulassen erweist sich als richtig.
Zum ersten Mal kommt uns heute, am 4. Tag, jemand entgegen. Typ Waldschrat, mit Bart, alt, behelmt und mit sehr schmutzigen Kleidern. Er murmelt ein paar Töne und ist vorbei. Später dann sehen wir, es ist keine Fata Morgana wegen der Hitze, einen Mountainbiker auf dem Gletscher. Der Wandel der Zeit: 1908 traf man sich zum Sommerskifahren auf dem Gletscher. Heute befährt man den kümmerlichen Rest mit dem Velo.
Auch wir besuchen den Rest des rapide schwindenden Gletschers und schauen beim Gletschertor vorbei. Dem Gletscherpfad entlang steigen wir später zur Hütte ab. Immer wieder hat es Schilder, die anzeigen, bis wohin der Gletscher mal ging. Seit 1850 wird gemessen und mindestens seitdem geht der Gletscher zurück. In den letzten Jahren wie bekannt im dramatischen Expresstempo.
In der Hütte geniessen wir nochmals die herrliche Nusstorte und ein kühles, alkoholfreies, Bier. Viel Flüssigkeit tut bei der Hitze gut. Auf 2341 Metern hat es 23 Grad. Das Restmaterial ist schnell verpackt und dann dampfen wir zu Tale.
Unterwegs fällt mir das örtliche Alpentaxi ein. Das uns von der Alp Sardasca nach Klosters fahren könnte. Kurz ist der Anruf und die Reservation ebenso schnell platziert. Wir sparen uns mehrere Kilometer Fussmarsch nach Monbiel.
Auf der Alp sitzen wir gemütlich an der Sirup-Bar, zwitschern wieder ein alkoholfreies Bier und schauen der Gewitterzelle zu, die ganz nahe an unserem Standort entlangzieht. Bloss ein paar Regentropfen fallen – zuerst. Dann legt es los und regnet kräftig für einige Minuten. Als wir im Alpentaxi sitzen und gen Klosters fahren, schüttet es wie aus Kübeln. Vier Tage waren wir bei Topverhältnissen unterwegs. Und kaum bist du unten gewittert es? Wir glauben es fast nicht. In Klosters unten ist es dann sonnig und trocken.
Und so dies und das
Nach acht Jahren und bereits der zweiten Sohle, lösen sich meine geliebten Bergschuhe langsam auf. Heute Mittag reist eine Lasche in der Mitte des Schuhs. Da wird es schwierig, den Schuh straff zu schnüren. Dazu kommt die Sohle Nummer 2 – die auch schon wieder abgelaufen ist. Da steht ein Neukauf an.
Die Touren in der Silvrettagegend sind etwas für LiebhaberInnen von steilen Pfaden. All die Scharten und Furggen erinnern an die Dolomiten. Flach ist hier nichts.
Die Bilderbücher
Tag 1 – 21.08.2023
Tag 2 – 22.08.2023
Tag 3 – 23.08.2023
Tag 4 – 24.08.2023