Mystik pur: Lass es fliessen auf den Pizalun (1478 m)

Tage gibt es, da ist man im Fluss. So ein Tag ist heute, denn es fliesst, von oben. Aber wir lassen uns in unserem Fluss nicht behindern und gehen raus.

Bis wir es fliessen lassen

Zuerst müssen wir eingehend beraten, wie wir das mit der heutigen Bergwanderung genau machen wollen. Eher die Gegend von St. Antönien? Oder raus aus dem Tal? Den Takt gibt der Regenradar vor. Fronten jagen sich. Es regnet, dann wieder nicht. Und kaum ist es vorbei, kommt der nächste Schauer. Das ginge ja noch. Störender sind die tiefen Wolken. Hinter denen sich die Gipfel immer wieder verbergen.

Am Ende beschliessen wir, das Prättigau zu verlassen und oberhalb von Mastrils auf den Pizalun zu wandern. Nicht hoch hinauf, aber auch mit genügend Höhenmetern, damit wir nicht frieren. Wobei wir das zu Beginn sowieso nicht tun. Denn in Mastrils ist es zu Beginn trocken, die Sonne drückt durch die Wolken und es dampft wie im Dschungel. So entledigen wir uns der wärmeren Kleider, lassen diese im Auto zurück und machen uns bergabwärts auf die Socken.

Wir und Petrus sind im Fluss

Auf dem Regenradar sehen wir sie schon am Morgen. Die nächste Front. Die uns prompt entdeckt. Petrus lässt es regnen, wir nehmen das sportlich. Im dichten Blätterwald sind wir gut geschützt. Bloss die eine oder andere Lücke beim blättrigen Regenschutz überwinden wir raschen Schrittes. Petrus legt einen Zahn zu. Wir auch, die Schirme werden ausgepackt und aufgespannt. Im Regenschutz würden wir verschmachten. Beschirmt geht’s weiter bergan. Bei einem Maiensäss machen wir Pause. Da hat es eine geschützte, trockene, Ecke. So langsam wird es frisch. Denn auch der Wind gibt nun Gas. Es zieht fast mit jedem Höhenmeter mehr. Das Gelände ist nass, und auf den Grasstellen dementsprechend seifig. Zum Glück steigen wir auf und nicht ab.

Kopf runter und durch

Der Spruch des Tages: „Bald hört der Regen auf und es wird sonnig“. Aber nein, es schifft nun in Strömen. Wir erreichen den Punkt 1329. Der ist unweit vom Naturfreundehaus Jägeri am Waldrand gelegen. Da trifft uns der steife Wind frontal und jagt uns das Wasser entgegen. Zum Glück drehen wir hier eine Kurve. So bläst es uns von hinten an. Nicht mehr lange geht es bis zum Gipfel des Pizalun. Es schifft und bläst. Wir mit den Schirmen, den kurzen Hosen und dem T-Shirt. So langsam kommt die Idee auf, den Regenschutz doch noch auszupacken. Fünf Minuten unterhalb des Gipfels rüsten wir auf. Gabi in Vollmontur, ich tausche mein nasses T-Shirt gegen ein trockenes aus, montiere die Regenjacke und ja, das zeigt Wirkung. Und wie.

Innert Minuten ist der Regen vorbei. Der starke Wind jagt die Wolken im Expresstempo über den Himmel. Einmal mehr erleben wir einen unglaublich schnellen Wetterwechsel. Der Himmel wird blau, und zehn Minuten später, wir stehen nun auf dem Gipfel, wird es sonnig und warm. Das ist die perfekte Punktlandung. Den Gupf haben wir für uns allein. Wir geniessen die Aussicht, essen unsere Eingeklemmten und rüsten wieder auf Sommermontur um. Der Regen ist definitiv Geschichte für heute.

Treppe hinauf zum Pizalun – war da mal was mit Regen?
Landquart
Blick gen Prättigau – wo sich die Wolken stauen

Mystik pur

Der Abstieg im nassen Laubwald, wo noch der Nebel hängt, und von oben die Sonne hineinscheint ist mystisch. Wir halten an und geniessen die einmalige Stimmung. Es tropft, die Sonnenstrahlen brechen sich im Nebel, es ist ein Traum.

Weiter geht’s bergab. Steil und steiler, aber dank unserer Routenwahl rutschen wir so gut wie nicht. Am Ende kommen wir, wieder punktgenau, beim Auto unten an. Die Route bergab haben wir nicht genauer angeschaut. Sondern gedacht, dass das schon gut kommen wird. Und es kam gut.

Das Bilderbuch des Tages.

Mit der Route (der gerade Strich ist dem Ausfall des GPS geschuldet, wir nahmen den Wanderweg nördlich vom Strich).