F.I.D.R. – der fast letzte Gast auf dem Alvier (2342 m)

So lässt sich die heutige, kurze, Bergtour umschreiben. Am Mittwochabend studieren wir den Wetterbericht. Eine Verschlechterung ist im Anzug, reicht es heute Donnerstag noch für eine Aktivität oder nicht? Es müsste klappen, das Zeitfenster ist gegeben. Auch wenn es eher wolkig werden dürfte.

Schon lange steht die Seilbahn Palfries auf dem Plan. Das ist eine der Bahnen, die einen militärischen Ursprung haben und heute genossenschaftlich, von Freiwilligen, betrieben werden. Sie erfreut mit einem elektronischem Reservationssystem auf der Webseite. Beim Lösen des Billetts geht es dann retour über die Jahrhundertgrenze. Es gibt hier tatsächlich Kartonbillette wie anno dazumal. Und die Parkuhr füttert man mit Münzen, und nicht digital.

Back to the Future
vor den Churfirsten
Blick gen Alviergruppe

Die Bahn gondelt vom Melser Ortsteil Ragnatsch her los. Der Wasserfall des Ragnatscher Bachs ist heute zwar nicht so imposant wie wenn es regnet, aber trotzdem sehenswert. 15 Minuten lang fährt die Bahn die steile Wand hoch. Wegen des stark wehenden Föhns schaukelt es etwas und die Geschwindigkeit der Bahn wird, je nach Windgeschwindigkeit, reguliert.

Blick gen Walenfjord, ähm Walensee; hinten grüsst die Nebelschlange

Der warme Föhnwind bringt Wolken, die Sonne kämpft sich aber zeitweise durch. Vorbei am Berggasthaus Palfries geht es gen Punkt 1756, dem Mürli. Der Name passt, eine Steinmauer zieht sich durch Landschaft. Der Blick geht hinaus und hinab zum Walensee. Ab dem Mürli gilt es, ein paar Meter zurückzuwandern. Bevor der Weg zum Alvier abzweigt. Dieser Abschnitt ist wenig begangen und biegt beim Punkt 1890 in den Hauptweg ein. Der durch das so genannte Chemmi bergan führt. Ein flott steiler Weg ist das. Am 15. August 1943 schrieb einer ins Hüttenbuch: „Einzigartig hier oben; Rigi der Ostschweiz. Das stimmt, aber saugäch“. Genau so ist es, der Weg ist steil, die Waden arbeiten. Durch einen engen Felseinschnitt führt eine alte Holzleiter in die Höhe. Dann nochmals knapp 20 Minuten schwitzen und das Ziel ist erreicht. Das Dach der Gipfelhütte Alvier taucht auf. Diese wiederum steht seit 1875 auf dem Gipfel. Sie wurde als Clubhütte gebaut, ist auch jetzt bewartet und steht für Übernachtungen bereit. Vor Jahren haben wir mit den alten Pfadis hier oben übernachtet.

Leiter im Chemmi
Gipfelgruss vom Alvier mit seiner Hütte

Die Einkehr bei Suppe und Kaffee tut gut. Die Hüttenwarte sind am Aufräumen. So kommt es, dass die heutigen Gäste die Saison 2022 abschliessen. Am Nachmittag wird die Hütte geschlossen sein und erst im Juni 2023 für den Sommer wieder aufgehen. Der Hüttenwart erzählt mir, dass sie nach Mitte September, als es hinuntergeschneit hat, für drei Wochen nicht mehr aufsteigen konnten. Es lagen über 80 Zentimeter Schnee. Deshalb machen sie jetzt, vor dem nächsten Schlechtwettereinbruch, zu. Denn für vier, fünf Tagesgäste offen haben lohne sich nicht. Sie müssten dauernd heizen und die Kosten wären zu hoch.

Der Abstieg geht dann auf dem selben Weg vonstatten wie der Aufstieg. Kurz vor dem Berggasthaus Palfries passiere ich zwei Mütter mit ihren Kindern. Ein kleiner Bub steht mit einem Blindgänger da und sie bitten mich, ob ich den Blindgänger mitnehmen könne. Zuerst vergewissere ich mich, ob kein Sprengstoff mehr vorhanden ist. Zum Glück nicht. Und dann erkläre ich der Gruppe, wie man mit Blindgängern umgeht und wo man diese melden kann. Für beide Erwachsenen ist die Information neu. Bei der Bergbahn kann ich das Munitionsreststück abgeben. Irgendwie passt das zu dem, was ich auf dem Gipfel des Alvier aus der Ferne gehört habe: Maschinengewehrfeuer und Explosionen von Handgranaten. Die Armee übt. Auch in der Luft, mit den heulenden Pilatus PC-7 Flugzeugen.

Mit einer Einkehr im Berggasthaus Palfries geht die kurze Bergtour zu Ende. Bevor wir mit der Bahn wieder ins Tal gondeln. Der Himmel ist nun stark bewölkt.

Die Bilder des Tages.

Mit der Route.