Vom Meer hinauf zu Wald und Flur

Die Idee und ihre praktische Umsetzung

Vom Flakk Camping mit der Fähre hinüber nach Rørvik (nein, das ist nicht das bekannte Rørvik), dann eine schöne Velorunde auf kleinen Strassen, möglichst immer dem Meer entlang und mit der Fähre wieder zurück. Der Fähranleger ist 50 Meter vom Camping entfernt. Näher geht es fast nicht.

Der Plan geht voll auf. Auf Komoot habe ich mir die Route zusammengeklickt und auf mein Velo-GPS übernommen. Die Strassen sind so gut wie leer und meine Nebenwege, die häufig Naturstrassen von sehr guter Qualität sind, umso mehr. Ich kann den ganzen Tag vollauf geniessen. Das Velo habe ich zuerst putzen und die Kette ölen müssen. Jetzt läuft es wieder wie geschmiert.

Eindrücke von der Route und das Wetter

Es ist schwül heute, die Luft steht, die Sonne drückt durch die Wolken und die Stimmung ist gewittrig. Ich habe das Gefühl, in einer Sauna zu fahren. Bei fast 30 Grad tropfe ich den ganzen Tag fleissig vor mich hin. Aber ehrlich: lieber so als bei Regen und kalten Temperaturen unterwegs zu sein. Dazu weiter unten mehr.

Ländlich direkt am Meer

Ich folge der Strasse 717, und biege immer dort ab wo es geht. Über Stadsbygd fahre ich auf eine Nebenstrasse, die Fv199 welche mich nach Rødberg bringt. Wo eine der letzten Nebelglocken Norwegens steht. Diese Glocken waren früher wichtig weil sie immer dann geläutet haben wenn an der Küste stockdicker Nebel herrschte. Sie wurden ca. 1986 stillgelegt, die GPS-Technologie machte die Glocken überflüssig.

gemäss Beschrieb ist die Glocke im „Swiss Style“ gebaut worden (was immer das auch ist)

Bei der seichten Grønningsbukta fahre ich an einem Vogelschutzgebiet vorbei. Das natürlich, siehe Blogbeitrag vom Sonntag, im Moment nicht besiedelt ist. Immer der 717 nach oder auf den Nebenstrassen geht es weiter. Die Aussicht auf das Meer ist super. Auch wenn es leider für schöne Fotos viel zu dunstig ist. Vorbei an der Fosen Yard, einer Werft die ich entdecke weil plötzlich hinter einem Weizenfeld ein Riesenschiff auftaucht. Hier werden zum Beispiel Schiffe der Hurtigruten renoviert, im Eiltempo von 22 Tagen pro Schiff. Bald komme ich am Reins Kloster vorbei. Wobei Kloster etwas hoch gegriffen ist. Es steht noch ein kleiner Mauerrest vom eigentlichen Kloster. Dafür ist die Kirche sehenswert.

Dann lande ich in Rissa. Einem Ort der so gross ist, dass es mehrere Läden hat. Ich bin total überrascht und habe gar nicht damit gerechnet. Die Gelegenheit ist günstig, ich habe Hunger und esse um 15.00 Uhr einen feinen Bohnen-Gemüsesalat auf einer Bank. Bis ich nervös werde. Die Gewittertürme bauen sich auf, der Himmel wird dunkel. Es wird doch nicht? Nein, es regnet nicht, es wirft für 30 Sekunden ein paar Tropfen und das ist es dann. Ich bin froh, denn als Optimist habe ich keinen Regenschutz dabei. Wenn, dann würde ich den Bus nehmen.

Bei Rissa meine ich an einem grossen See vorbeizufahren. Aber wie ich jetzt auf der Karte sehe, ist das ein Fjord der mit dem Strømmen Anschluss ans Meer hat. Über diesen Strømmen führt eine kleine Holzbrücke unter der, genau als ich darüberfahre, die Ebbe das Wasser mit grosser Kraft durchrauschen lässt.

Hochrisiko am rauschenden Gezeitenstrom

So langsam wende ich mich dem Rückweg zu. Der ein paar happige Steigungen für mich bereithält. Schon auf dem ersten Teil der Strecke weiss ich, was mich erwartet. Ich düse nämlich eine Strasse mit Vollgas herunter die ein Gefälle von bis zu 14 % hat. Da ist es klar, dass ich irgendwie auch wieder über diesen Hügelzug zurück muss. So ist es. Die Landschaft erinnert mich stark an den Jura. Bauernhöfe, Kühe, kein Verkehr und viel Wald. Der einzige Unterschied: im Jura hat es keine Warnschilder vor Elchen an den Strassen.

Der Mann der bewässert steigt nicht aus, sondern bewässert einhändig und mit der anderen Hand fährt er

Die Rundfahrt war lohnend, die Bewegung tat enorm gut und ich darf aktuell sagen, dass ich müde und zufrieden am Meer sitze und den Blog tippe. Müde vor allem auch weil die Nacht sehr kurz war. Ich sass draussen, dunkel wird es ja nicht richtig, und auf einmal war es 01.30 Uhr. Aber was soll‘s. Ich habe Zeit und geniesse das.

Wer spielt mit beim Wetterlotto?

Das Motto für die folgenden Tage ist hier mehr oder weniger: wir teilen die Temperaturen durch drei und schlottern uns dann etwas ab. Von einem Extrem gleich ins andere, krass ist das. Das Tiefdruckgebiet über der Nordsee und ganz Mitteleuropa, das auch in der Schweiz wirkt, wirft das Wetter über den Haufen.

Ich würfle, wo es mich hinziehen wird. Der Küste entlang südwärts? Kaum, Regen und um die 10 Grad für die nächsten Tage finde ich nicht so verlockend. Dabei wäre ich wirklich gerne endlich mal nach Ålesund gegangen. Aber so macht das keinen Sinn. Nordwärts? Da regnet es dann bei 7 Grad und da will ich sowieso nicht hin. Westwärts? Geht nicht, da ist irgendwann nur noch Wasser, ich bin ja schon an der Westküste. Ostwärts? Das wird wohl die Wahl sein. Zurück nach Schweden. Ersten Schätzungen zufolge muss ich ca. 500 Kilometer fahren bis das Wetter einigermassen passt. Vor allem für die nächsten Tage. Die Wetterlage sagt überall dasselbe: es wird mindestens eine Woche lang kalt und regnerisch. In der Grossregion Stockholm, am Bottnischen Meerbusen, könnte es aber passabel und vor allem einigermassen trocken und nicht so kalt sein.

Noch Fragen? Von 30 auf 5 Grad …

Ideen habe ich für diese Gegend, respektive für etwas weiter nördlich, durchaus. Die Fahrerei müsste nicht sein. Aber die Alternative von mindestens einer Woche miesem Schlotterwetter ist nicht verlockend.

Und so dies und das

Beobachtungen vom Campingplatz, die auch andere Leute machen wie ich heute beim Gespräch mit dem Nachbarn aus Deutschland feststelle. Es hat extrem viele Hunde. Die, auch hier ist das so, teilweise massiv stören weil sie die ganze Zeit bellen und winseln. Das liegt bekanntlich nicht an den Hunden.

Die sind teilweise mit Besitzern geschlagen, da tun mir die Tiere leid. Gleich gegenüber haben sie sechs Hunde, so vom Modell her ähnlich wie Irish Setter. Die sind den ganzen Tag in ihrem Gatter eingesperrt weil die Herrschaften, es ist wirklich so, vom Morgen bis zum Abend auf ihren Stühlen hocken, Wein und Bier trinken und sich so gut wie gar nicht bewegen. Kein Wunder drehen die Hunde durch und beschallen den halben Platz.

das sind wahrscheinlich dieselben Leuchten; Anschlag beim Fähranleger

Immerhin hat es auf diesem Camping niemanden der seine Umgebung mit lauter Musik bedient. Auch das habe ich schon erlebt. Es ist schon so: die grosse Freiheit auf dem Camping gibt es nicht. Es hat momentan einfach zuviel Volk. Der Abstand von Camper zu Camper beträgt, wegen dem Brandschutz, drei Meter. Was, wenn man das erlebt, so gut wie nichts ist. Immerhin müssen alle Fahrzeuge in der gleichen Richtung stehen. So ist man wenigstens für sich.

Das heutige Bilderbuch.