Topfeben mit vielen batterieangetriebenen grauen Panthern im Revier

Münsterland = Veloland

Diese Verkürzung der Region kann ich heute Abend bestätigen. Das ist wirklich die perfekte Veloregion. Ok, vielleicht mit der Einschränkung, dass Höhenmeter hier nicht im Angebot sind. Die Gegend ist flacher als flach, einfach topfeben. Ich schaffte heute auf fast 80 km Distanz sage und schreibe 220 Höhenmeter.

Und das bloss, weil ich dieselbe kurze Rampe vermutlich vier Mal gefahren bin. Das war wirklich eine brutal steile Rampe, ich musste beim Rauffahren vom grössten in den zweitgrössten Gang runterschalten. Wegen diesem extrem hohen Schwierigkeitsgrad hat die Rampe sogar ein Warnschild. Da lacht sich der Schweizer Velofahrer krumm.

Oh, was kommt denn da?
Das, der Witz des Tages

Die Runde kurz komprimiert

Grosso modo fahre ich ohne Plan los. Ich will aber mindestens Telgte sehen, weil der Ort schön sein soll. Er liegt am Jakobsweg und ist auch für Wallfahrten bekannt. Das kleine Städtchen ist schmuck und hat einen hübschen Kern. Besonders gut gefällt mir der zentrale Platz, an dem es mehrere Restaurants und Cafés hat.

Auch auf dem Plan steht die Schleusenanlage an der Ems bei Münster. Ein imposantes Bauwerk und ich habe Glück. Gerade als ich dort bin, werden zwei grosse Frachtschiffe geschleust. Ich finde es jedes Mal faszinierend, wie ruhig das Schleusen vor sich geht. Die Schiffe sinken fast lautlos ab und fahren dann aus der Schleuse aus.

Später dann geht es nach Münster hinein. Die Stadt erstreckt sich weit ins Umland, das landwirtschaftlich geprägt und relativ dünn besiedelt ist. Ruhige Wohnquartiere durchfahre ich genauso wie schöne Wälder mit alten Bäumen. Wieso Kanufahren hier hoch im Kurs steht, sehe ich bald. Die Flüsse sind eine Entdeckung wert und so hat es allenthalben Kanustationen.

In Münster selbst fahre ich die Altstadtrunde. Es ist wirklich so wie es geschrieben steht. Rund um die Altstadt führt die Fahrradstrasse, auf der reger Verkehr herrscht. Im Nu ist man um die ganze Altstadt gesaust und muss aufpassen, dass man nicht gleich nochmals eine Runde anhängt.

Und so dies und das

Die grauen Panther mit Batterie

Mir fällt auf, dass ich mich heute offenbar ins Revier der batteriebetriebenen grauen Panther verirrt habe, die zum Teil koordinatorisch ziemlich herausgefordert sind. Ganze Gruppen von Senioren rudeln mit ihren Batterievelos über die Velostrassen. Was nicht so gut klappt, sind die Brems- und Kurvenmanöver. An einer Stelle kreuze ich eine solche Gruppe. Dummerweise ist das gerade die engste Stelle und ich habe Vortritt. Die Nummer 1 der Gruppe bremst, die Nummer 2 schafft es auch noch. Dann wird es ziemlich unkoordiniert und ich muss aufpassen, dass mich niemand über den Haufen fährt, weil sie das mit dem Bremsen nicht im Griff haben und einfach ausscheren.

Russen in der Schleuse

Am Abend erlebe ich per Zufall das grosse Schleusenkino. Ich komme nochmals an der Schleuse vorbei und wundere mich, wieso oben, im abgesperrten Gebiet, einer ausruft wie ein Wald voller Affen. Es ist der Schleusenwart.

Ein russisches Segelschiff ist bei Rot, in der falschen Fahrrichtung, in die Schleuse eingefahren. Der Schleusenwart ist ausser sich über diese Regelverletzung und will die Polizei rufen. Der russische Segelbootkapitän findet das gar nicht toll und manövriert sein Segelboot in Extremis rückwärts aus der Schleuse.

Mehrmals verfehlt er in der Hektik haarscharf die Schleusenwand. Seine Frau versucht, das Boot mit einer Metallstange von der Wand fernzuhalten. Beide keifen sich gegenseitig an, die Dame hat einen hochroten Kopf. Am Ende gelingt es ihnen, ihr Boot ohne Schaden aus der Schleuse zu bugsieren. Der Motor wird angestellt und dann geht es mit Vollgas los. Bloss weg heisst die Devise. Oben amüsiert sich in der Zwischenzeit eine ganze Menschenansammlung über dieses Schauspiel. Ob die Polizei das Boot noch irgendwo erwischt hat?

Fahrradstrassen in Perfektion

Die breiten Fahrradstrassen gibt es hier immer wieder. Meist sind sie in ausgezeichnetem Zustand und es ist eine Freude, über die breiten Pisten zu fahren. Entweder sind sie ausschliesslich für Velos da, oder dann werden sie mit Autos geteilt, die auf der Velostrasse „zu Gast“ sind. In Münster selbst hat es eine Kreuzung, auf der ein Verkehrsversuch stattfindet. Da haben die Velos Vortritt und die Autos müssen warten. Der Rechtsvortritt für die Autos ist aufgehoben.

Wahlkampf live erlebt

Die „Verbrecherfotos“ der kandidierenden Personen hängen überall an den Beleuchtungsmasten. Vor dem Edeka in dem ich einkaufe, macht sich gerade der CDU-Kandidat für eine Wahlkampftour von Tür zu Tür im Wohnquartier bereit. Mit nigelnagelneuen Lastenvelos zieht die Truppe durch das Quartier. Ja, hier fährt man Velo. Zumindest vom Parkplatz aus, wo man sich mit den Autos trifft.

CO2-neutrale Landwirtschaft

Lustig finde ich ein Plakat vor einem Maisfeld. Da wird vorgerechnet, wie viel CO2 der Mais bindet der zu Silofutter verarbeitet wird. Das vermutlich Kühe fressen werden, die wiederum viel klimaschädliches Methan ausstossen. Der Vegetarier würde hier wohl anmerken, dass, wenn keine methanproduzierenden Kühe mehr gegessen würden, auch kein Silomais angebaut werden müsste. Die Gretchenfrage: Kompensiert der Silomais die Fürze der Kühe? Das wäre doch einmal eine Studie wert.

Wetter?

Das Wetter ist für die Velotour fast perfekt. 18 bis 20 Grad mit ca. 35 km/h Wind, der mal von vorne und dann wieder von hinten bläst. Leider ist es meistens stark bewölkt. Kurz einmal werden die Wolken schwarz und es tröpfelt etwas. Die paar wenigen Sonnenstrahlen, die kurz aufleuchten, sind so schnell wieder vorbei, man merkt sie fast nicht.

Das Bilderbuch des Tages.

Mit der Route.

ein wenig wirr, aber es war schön