Nicht sehr oft, aber doch ab und zu, sehe ich Ohren aus dem Kornfeld gucken. Ich mache mir Gedanken, um was für ein Tier es sich handelt.
Für heute sind Gewitter und Regen mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% angesagt. Ich mache mich auf das Schlimmste gefasst. Leider habe ich ein Hotelzimmer in einer Entfernung von über 80km gebucht. Dazu bewogen hat mich die Zimmerbeschreibung: ein Einzelzimmer mit Waschmaschine und Tumbler. Es ist wieder mal grössere Wäsche angesagt. Und ich bin sehr gespannt auf solch ein Zimmer.
Ich sitze am Morgen um halb neun auf dem Sattel. Die Kette ist frisch geschmiert. Die Sonne scheint, blauer Himmel, kaum Wolken, kein Wind, angenehme kühle Temperatur. Naja, jeder Kilometer, den ich trocken fahren kann, ist ein Geschenk. Um 11 Uhr bin ich bereits in Nienburg. Eine wichtige Station. Die letzten drei Tage war ich auf der Suche nach bestimmten Fahrradkarten, mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe. Sie geben Überblick über ein grösseres Gebiet und alle markierten Radwege sind eingezeichnet. Leider kann ich die Karten für die Planung und die Unterstützung meiner weiteren Reise in den Süden nicht bekommen. Bestellen und am nächsten Tag wären sie da – aber ich nicht mehr. So kommt Plan B zum Zuge: ich rief gestern an in eine Buchhandlung in Nienburg. Perfekt hat das geklappt. Ich packe erfreut meine vier Kartenblätter ein!
Nach einer kurzen Pause folge ich weiter dem Weserradweg. Auf einem Teilstück davon fahre ich nach Süden. Sehr zuverlässig ausgeschildert, schöne Landschaft, schmucke Bauerndörfer, herzige Städtchen, ruhige Strässchen, kaum Schotter. Der Weser bin ich auch schon begegnet. Ich habe sie mit der Fähre nach Bremerhaven überquert. Auch heute kann ich eine ganz kurze – hier ist es noch ein schmales Flüsschen – Fährenfahrt unternehmen. Sie dauert nur ein paar Minuten.
Die naturnahe Gegend rund um die Weser und mit kleinen Seelein bietet auch wieder die Möglichkeit, das eine oder andere Wildtier zu sehen. Störche, Braungänse, Enten, Feldhasen, Rehe. Hier wären wir bei den Ohren: ich dachte zuerst an Rehe, sah dann aber einen Feldhasen „davonfliegen“. Ein anderes Mal war es ein Reh, das flüchtet. Im Kornfeld begegnen sich also Reh und Hase.
Und der Regentag? Der bleibt glücklicherweise auf der Strecke. Die Sonne verschwindet. Es wird trüber. Bei Kilometer 52 nach dem Mittag, gibt es mal zehn Tropfen. Ich stehe kurz unter einen Baum. Später montiere ich wieder die Sonnenbrille. Auf dem letzten, dem 82. Kilometer, nochmals ein paar Spritzer.
Und die Waschmaschine? Sie können es im Hotel fast nicht glauben: als ich nach meinem Zimmer mit Waschmaschine und Tumbler frage. Das gibt es nicht hier in diesem ganz normalen Hotel. Auch keine Waschküche mit einem Bett drin. Es stellt sich als unerklärbarer Selbstläufer in booking.com heraus. Ich kann aber meine Wäsche waschen lassen.
Ein spannender, trockener, aber schwül-heisser und abwechslungsreicher Velotag geht zu Ende!