Wandern im Misox. Das kommt daher, dass Gabi in den Tagen vorher mit ihrer Schwester im Tessin gewandert ist. Das Val Colla war das Ziel. Von der Monte Bar Hütte über den Gazzirola und die Denti della Vecchia ging es. Deshalb liegt es nahe, hier in der Gegend zu bleiben für das Wochenende.
Freitag, der erste Tag
Der startet am Mittag in San Bernardino. Gabi kommt aus dem Süden, ich aus dem Norden, beide mit dem Postauto. Der Himmel ist wolkenlos blau und der Wind kommt aus Süden. Wir sortieren unsere Ausrüstung und ziehen los ins Hotel Brocco & Posta. Wo wir am Samstagabend logieren werden. Es dient als Depot für die Kleider, die wir nicht brauchen. Heute Abend übernachten wir im Rifugio Curciusa, einer im 2019 neu errichteten kleinen und unbewarteten Hütte, ganz oben im Val Curciusa. Dem Tal, das einmal in einem Stausee hätte ersäuft werden sollen. Zum Glück ist das abgewendet worden.
Steil geht es hinauf. Rund 850 Höhenmeter und knapp 7 Kilometer trennen uns von der Hütte. Die Strecke ist 1a mit viel Sonne und Tiefsicht zurück. Wir sehen sogar eine Gämse. Und kurz darauf einen Jäger, der heute keinen Erfolg hatte. Menschenleer ist es und herrlich farbig. Der Herbst zieht alle Register. Oben, auf der Bocchetta de Curciusa, passieren wir einen kleinen See und voraus sehen wir den Curciusa Gletscher. Nach knapp 30 Minuten taucht sie dann auf, die dreieckige Hütte.
Das kleine Rifugio ist hübsch. Bloss 10 Plätze hat es. Wir sind heute sechs Personen. Vier junge Deutsche teilen sich den Platz mit uns. Es ist angenehm. Modern ist die Infrastruktur, und der Gasherd ein Traum.
Samstag, der zweite Tag
Das wildromantische Val Curciusa wartet auf uns. Wir durchwandern den oberen und schöneren Teil. Das ist grosses Kino in Sachen eindrücklicher Landschaften. Wir staunen, geniessen und stellen fest: das ist einfach nur schön.
Auf der Alp de Rog biegen wir ab. Zuerst machen wir Pause. Vorher hören wir mehrmals Schüsse. Jäger ziehen durch das Tal. Eine Gruppe kommt auf die Alp, als wir Pause machen. Wir gehen zu ihnen. Drei Jäger, drei geschossene Gämsen. Die sie, zu kompakten Paketen gebunden, in speziellen Rucksäcken schweisstriefend zu Tal tragen. Ich darf einen der Rucksäcke anheben. Und bin froh, muss ich ihn nicht tragen.
Bis jetzt ging es bergab. Die abgebaute Höhe kompensieren wir gleich wieder. Wir steigen steil auf ins Val Vignun, genauer bis zum Strec Vignun. Ab da geht es abwärts. Es weht ein strammer Wind. Der zum Glück relativ warm ist. Mit der Zeit ermüdet uns der Lärm der Windgeräusche etwas.
Wieder haben wir eine Landschaft, die wunderbar ist. Die Runde um das Massiv des Piz Lumbreida ist zwar moderat in Sachen Höhenmetern. Aber lang, fast 19 Kilometer haben wir am Ende in den Beinen. Knapp acht Stunde brauchen wir, mit allen Pausen, bis wir in San Bernardino ankommen. Im Hotel geniessen wir die Dusche und die feine Küche.
Und so dies und das
Plötzlich meldet sich Gabi auf dem Weg durch das Val Curciusa. Sie hat einen Platten am einen Bergschuh. Genauer, die Sohle löst sich. Und zwar so richtig. Zum Glück hat sie Tape dabei. Dreimal „verbindet“ sie den Schuh. Damit er seine Sohle behält. Das Rezept funktioniert zum Glück. Am Ziel ist das Tape fast aufgebraucht. Aber die Sohle noch soweit dran, dass der Zieleinlauf gelingt. Am Sonntag nochmals eine Tour liegt aber nicht drin. Die Schuhe müssen dringend in die Reparatur.
Am Sonntagmorgen ist es stark bewölkt und die Wolken hängen tief. Deshalb fahren wir retour nach Fideris. Das passt zum kaputten Schuh. Im starken Föhn haben wir in Fideris 28 Grad und Sonnenschein. Den Tag lassen wir auf der Terrasse ausklingen. Wo der Himmel sich plötzlich bewölkt, der Föhn stellt ab und das Quecksilber saust innert kurzer Zeit um 6 Grad nach unten. Das sind die Vorboten der Störung, die die nächsten Tage herbstliche und vor allem nasse Verhältnisse bringen soll. Heute 28 Grad, und bald Schnee bis 1500 Meter. Brrr.
Das Bilderbuch.
Und die Routen.