Den Vorhang aufmachen, einen blauen Himmel ohne Wolken anschauen und sich freuen. So beginnt der heutige Tag. Der Wetterbericht hat einen Volltreffer gelandet. Es ist herrlich. Unsere Planung passt. Heute geht es zur Zunge des Svelgabreens. Das ist ein Seitenarm des Folgefonna-Gletschers. Dieser wiederum ist von der Grösse her die Nummer 3 in Norwegen auf dem Festland. Und von der Lage her der südlichste Gletscher im Land. Schon im 2013 haben wir Gletscher besucht. Aber das Wetter war dannzumal leider immer trüb. Was für ein Kontrast zu heute.
Bereits die Hinfahrt zum Ausgangspunkt der Wanderung ist ein Ereignis. Fast 30 km fahren wir in ein Tal hinein. Auf einer guten Strasse. Denn die Gegend hier ist 1a erschlossen. Der Stromerzeugung sei dank. Wasserkraft ist in Norwegen so wichtig wie bei uns. Hier im Blådalen hat es unzählige Seen und Bäche. Der Gletscher liefert ebenfalls viel Wasser. Damit die Stollen und Kraftwerke erreicht werden können, braucht es die Strassen. Von einer davon profitieren wir heute. Sie führt durch eine prächtige Landschaft.
Gemäss Beschrieb würde die Tour fast keine Höhenmeter bieten (so um die 150). Da steht aber auch etwas von einem stetigen Auf und Ab und die Route hat die zweithöchste Schwierigkeitsstufe. So sind wir gewarnt und gleichzeitig gespannt. Wir beginnen jedenfalls mit einem steilen Aufstieg. Bald sehen wir die erste Gletscherzunge des Folgefonna-Gletschers. Die Landschaft ist absolut imposant. Die Wassermassen, viele Seen, die Weite die wir daheim nirgends haben und das Fehlen von Menschen machen immer wieder Eindruck. Die Route ist spannend. Und braucht teilweise ein wenig Mut. Wir queren im Tagesverlauf eine unendliche Zahl von Schneefeldern. Queren eine Brücke, die wirklich lebenswichtig ist. Sie sieht zwar eher wie ein gestrandetes Schiff im tiefen Schnee aus. Aber unter der meterdicken Schneedecke fliesst ein Riesenbach. Ohne die Brücke wäre eine Querung lebensgefährlich. Am Nachmittag, auf unserem Rückweg, ist eine der grossen Schneebrücken tatsächlich eingestürzt. Da sind wir um die betonierte Fassung froh.
Kurz vor dem Ziel wartet noch eine Hängebrücke auf uns. Dank der stabilen Bauqualität ist die Querung einfach. Am Ende des Seitentals erreichen wir die Zunge des Svelgabreens. 851 Meter über Meer sind wir hier. Und stehen vor einer mächtigen Eiswand. Diese Wanderung hat sich definitiv gelohnt. Wir sind fast alleine. Ein Paar aus Frankreich trifft kurz nach uns ein. Sie sind ein wenig nach uns gestartet. Sonst sehen wir den ganzen Tag durch genau sechs Personen, zwei Schneehühner und eine Hummel. Das ist eine gute Massnahme gegen den so genannten „Dichtestress“.
Die Querung der vielen Schneefelder klappte gut. Bis auf einmal. Da brach ich durch und hatte Glück. Das Gewässer darunter war nicht so tief. Aber kalt genug. Und logisch: die über Nacht fast trocken gewordenen Schuhe sind jetzt wieder nass. Morgen werden sie vielleicht wieder trocken. Am Ende waren wir 16 km unterwegs, brauchten dafür knapp 6 Stunden (was genau dem Plan entspricht) und machten 950 Höhenmeter. Flach ist anders. Norwegen halt.
Hier findet im Moment gerade der Sommer statt. Die Sonne lacht und es hatte heute fast 20 Grad. Da springen die Norweger in den Fjord, fahren oben ohne Traktor und geniessen das Leben. Am Freitag soll es sogar 25 Grad werden.
Unter diesem Link ist die Fotosammlung unserer Reise zu finden.
Was für Eindrücke! |
Was für eine Landschaft! |