Deich und nochmals Deich

Über hunderte von Kilometern erstrecken sich die Deiche entlang der Nordsee. Diese  schützen das Land, die Dörfer, die Menschen. Seit Jahrhunderten werden sie gebaut. Eine lange Tradition also. Früher wurde neben der Schutzfunktion als Ziel auch Land gewonnen. Was aber in den Hintergrund getreten ist. Durch ein gesteigertes Umweltdenken ist u.a. 1985 der Nationalpark Wattenmeer gegründet worden.

Die Deiche werden immer höher

Trotz diesem Wissen um die wichtige Funktion des Deichs und dem jetzt geschützten Wattenmeer ausserhalb der Deiche erlebe ich vor ein paar Tagen am Jadebusen so etwas wie einen Deichkoller. Die Deiche müssen ausgebessert oder wegen dem steigenden Meeresspiegel erhöht werden. Rund um diese grosse Meeresbucht wird an vielen Stellen am Deich gebaut. Die Radwege, ob aussen- oder binnendeichs sind dadurch gesperrt. Die Fahrradfahrer werden auf die Radwege entlang der Hauptstrassen gezwungen. Dies bedeutet: Lärm, Gestank, keine Sicht hinter dem Deich, keine Abwechslung. Und wenn zusätzlich leichter Regen fällt vergeht auch der routiniertesten Tourenfahrerin der Spass. Im Nachhinein ist klar: Jadebusen auslassen, denn er ist wirklich rundherum eingedeicht. 80 Kilometer sparen, indem man oben mit der Fähre von Wilhemshaven über die Meeresenge rüber fährt.

Am Abend vorher geniesse ich beim Nachtessen in Wilhelmshaven noch einen reizvollen Ausblick auf den Jadebusen nahe dem Wahrzeichen der Stadt, der Kaiser-Wilhelm-Brücke.

Kunst am Deich aus Stein

Am nächsten Morgen begrüsst mich mein Velo mit einem Plattfuss. Ich behebe den Schaden – aufgrund eines spitzen Steinchens im Pneu – ungestört im geschlossenen Biergarten, bei Sonnenschein und anschliessendem Händewaschen noch in der Unterkunft. Also quasi ein gediegender Plattfuss und erst noch vorne!
Ich erinnere mich: hat sich nicht gestern Abend auf einmal das Rad vorne auf der Schotterpiste so angenehm weich angefühlt? Nicht auszumalen, wenn ich auf dem abendlichen Fährtchen ins 9 km entfernte Wilhemshaven einen Plattfuss gehabt hätte. Das Flickzeug war nämlich nicht dabei. Der Weg zurück in die Unterkunft zu Fuss hätte lang werden können!

Am nächsten Tag versöhne ich mich wieder weitgehend mit dem Deich. Obschon ein Tourenfahrer aus Augsburg die Tour hier öde nennt. Ich erzähle ihm von meinem vergangenen Deichkoller.
Das Wetter ist absolut perfekt: Sonnenschein pur, kaum Wind, traumhafte Sicht. Ein Sonntag dazu. Das kommt mir gelegen, weil ich heute Bremerhaven passiere mit einem 9 km langen Wegstück durch die Anlagen der Überseehäfen. Im Bikeline-Führer wird geraten, allenfalls den Zug zu nehmen, weil durch die Lastwagen eine grosse Gefahr für die Fahrradfahrer besteht. Am Sonntag ist alles ruhig und es hat kaum Verkehr.

Und später kann ich mich am Deich wieder so abwechslungsreich bewegen wie ich will: einmal auf einem (Versorgungs-)Strässchen rauf radeln, auf der anderen Seite wieder runter, die Sicht auf die Schaf- und Kuhwiesen und Salzwiesen geniessen, mal wieder das Velo durch das Gras über den Deich schieben, weil ein Gatter geschlossen ist und auf der anderen Seite dem Radweg folgen. Die Orientierung, auch dank dem Deich, ist meist sehr einfach. Ja, übrigens hat es neuerdings auch Kühe als Mähgeräte zur Pflege des Deichs im Einsatz.

Wann habe ich eigentlich zum letzten Mal einen Sandstrand gesehen? Auf den ostfriesischen Nordseeinsel draussen. Denn innen am Watt gibt es keinen Sand. Der bei Cuxhaven, wo ich heute vorbeikurve, ist nämlich aufgeschüttet. Ansonsten stehen in den „Seebädern“ – beim geringen Wasserstand im Watt auch bei Flut ist ja nicht wirklich baden angesagt – hier an der Küste die Strandkörbe im Gras. Da gibt es übrigens noch eine neue Strandkorb-Version, welche ich in Otterndorf entdecke: die Strandkabinen (in der Collage unten rechts).

Otterndorf liegt an der Elbe, ein pittoreskes kleines Städtchen. Sehr sehenswert! Hamburg befindet sich etwa 100 km im Landesinnern. Die Elbe hat hier sage und schreibe eine Breite von gut 17 km!
40 km flussaufwärts werde ich sie mit der Fähre überqueren, um nach Schleswig-Holstein zu gelangen.

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